Seife damals

Sumerische Tontafel mit Keilschrift

Kurios ist, dass unsere heutige Seife nicht als Hygieneartikel, sondern als Heilmittel startete. Vor etwa 4.500 Jahren verewigten die Sumerer im heutigen Irak auf einer Tontafel in Keilschrift die erste seifenähnliche Rezeptur, einem Mix aus verbrannter Pflanzenasche und Pflanzenölen.

Das älteste Rezept ist 4500 Jahre alt

Die Sumerer setzten die Urseife zunächst als Heilsalbe ein, um damit haputsächlich Hautkrankheiten zu behandeln.  

Die alten Ägypter kannten die Seife ebenfalls. In ägyptischen Dokumenten wird berichtet, dass um 600 vor Christus tierische Fette oder pflanzliche Öle mit Soda vermischt und gekocht wurden. Aber auch in Ägypten wurden diese Seifenpasten vor allem als Medizin zur Behandlung von Hautkrankheiten benutzt.

Seife als Haarkosmetikum

Erst nach Beginn unserer Zeitrechnung finden sich weitere Hinweise zur Seife. In seinem Werk „Historia naturalis“ beschrieb der römische Gelehrte Plinius der Ältere (23 – 70 n.Chr. ) die Benutzung eines seifenähnlichen Produktes. Die Gallier und Germanen verwendeten eine aus Ziegentalg und weiß gebrannter Asche hergestellte Seife als Bleichmittel für die Haare oder Haarpomenade. Die Römer mit ihrer hoch entwickelten Badekultur hatten entdeckt, dass die Mischung auch sauber macht und setzen sie ab dem 2. Jahrhundert gezielt zur Körperreinigung ein.

Syrien als Wiege der Festseife

Seife, wie wir sie heute kennen, entstand im 7. Jahrhundert n.Chr. in  der Region um Aleppo im heutigen Syrien. Die Araber verbesserten die Rezepturen und verfeinerten die Technik der Seifensiederei. Sie verkochten erstmals pflanzliche Öle und Lauge unter Einsatz von gebranntem Kalk so lange, bis die ölige Masse fest wurde. Sie gewannen dadurch Seifen, die in ihrer Konsistenz mit der heutigen vergleichbar ist. Die noch heute berühmte Aleppo-Seife gilt als erste Seife am Stück.

Aleppo als Wiege der Festseife
Aleppo ist die Wiege der Festseife (Foto: Fa. Treibholz)

Aleppo-Seife besteht aus Oliven- und Lorbeeröl. Die Rezepturen und Verfahren haben sich seit Jahrtausenden kaum geändert und gelten auch als Vorbild für die weltberühmte Savon Marseille.

Arabische Seifenkunst erobert Europa

Die Mittelmeer-Anrainer Frankreich und Spanien traten als erste Seifenproduzenten auf europäischen Boden auf. Dort entstanden auch die Zentren der Seifensiederzunft. Sie besaßen die erforderlichen Rohstoffe. Oliven dienten als Öllieferant und die Aschen von Meerespflanzen enthielten Soda. Den Seifen wurden aus Pflanzen extrahierte Duftstoffe beigemischt. Die so gewonnenen Toilettenseifen wurde an Europas Höfen hochgeschätzt.  Diese Luxusprodukte waren vor allem dem reichen Adel vorbehalten. Für die Masse der Bevölkerung blieben sie zunächst unerreichbare Kostbarkeiten.

Die Pestepidemie fördert Trockenwäsche

Langsam entwickelte sich in Europa aber eine Badekultur mit öffentlichen Badehäusern, die auch dem Bürgertum und der ärmeren Bevölkerung zugänglich waren.

Doch als der großen Pest-Epidemie (1347 bis 1351) etwa 25% der europäischen Bevölkerung zum Opfer fiel, war die Körperpflege mit Wasser und Seife verpönt. Die Menschen vermuteten, die Erreger befänden sich im Wasser. Die „Trockenwäsche“  lag nun im Trend. Die Menschen reinigten sich mit Tüchern. In Adelskreisen trug man außerdem reichlich Parfüm und Puder auf, um den Körpergeruch zu überdecken. In der Folge konnten sich Keime, Läuse und Flöhe ungehindert ausbreiten.

Wer wissen will, woher die Redensart „Ich kann dich nicht riechen“ stammt – in dieser Zeit findet sich reichlich Erklärstoff.

Das 72% Reinheitsgebot des Ludwig XIV.

Der Sonnenkönig Ludwig XIV. verhalf der Kunst der Seifenherstellung zu neuer Blüte und machte sie in Europa wieder hoffähig. Er holte die besten Seidensieder an seinen Hof nach Versailles und erließ Ende des 17. Jahrhunderts ein Reinheitsgebot, auch „Colbert-Edikt“ genannt. Demnach musste eine hochwertige Seife mindestens 72 % reines Pflanzenöl enthalten und nur  natürliche Farb- und Zusatzstoffe durften verwendet werden.

Seifen nach dem Colbert-Edikt
Seifen nach dem Colbert Edikt (Foto: J. Macou auf Pixabay)

Die Hafenstadt Marseille bot sich für die Produktion der Seifen ideal an. Die Savon de Marseille wird von verschiedenen Herstellern auch heute noch vermarktet.

Vom Luxus-zum Massenprodukt

Ein weiterer Franzose machte sich knapp 100 Jahre später um das Thema Seife verdient. Der Chemiker Nicolas Leblanc erfand 1791 ein Verfahren zur synthetischen Herstellung von Soda, einem Natriumsalz, das für die Seifenherstellung unerlässlich war.

Die großtechnische, noch heute angewandte Produktion von Soda gelang Ernest Solvay (1838–1922) im Jahre 1861. Damit war der Weg zur industriellen Massenproduktion von Seife frei. Menschen begannen im 19. Jahrhundert, Seife für die Körperreinigung, zum Waschen von Wäsche, Dämpfen von Textilien und zur Flächenreinigung zu nutzen.

Der hohe Bedarf an Seife konnte nur durch die  industrielle Massenproduktion gedeckt werden.

Kernseife als Massenprodukt
Seife als Massenprodukt (Foto: PD Pics auf Pixabay)

1829 produzierte Frankreich bereits rund 4000 Tonnen Seife. Auch in England und Deutschland gab es damals schon bedeutende Seifenfabrikationen. Für feine Seifen zur Körperwäsche verwendeten die Produzenten hochwertige Öle. Einfache Seifen zum Waschen und Scheuern gewannen sie aus billigem Lein- oder Hanföl.

„Die Seife ist ein Maßstab für den Wohlstand und die Kultur der Staaten.“ (Justus von Liebig, 1803 – 1873 )